Zeitgeist der Web-Ära drückt sich in Kunst aus – Floating Piers von Christo

2016-06-28 11.40.34

Wie kommt es, dass sich ein Künstler im Business20-Experts-Blog findet? Mit Christos Floating Piers konnte ich erleben, wie Künstler Zeitgeist und Werte früh erspüren und durch ihre Werke ausdrücken. Man muss wissen, dass die Idee für die Floating Piers schon vor fast 50 Jahre vom Ehepaar Jeanne-Claude und Christo entwickelt wurde. Deshalb fand ich es erstaunlich, dass ich so viele Bezüge zum heutigen Zeitgeist des Web darin entdecken konnte, und möchte das hier festhalten:

  1. Partizipativ
  2. Immersiv
  3. Freemium
  4. Trust-based

 

Die Piers sind (1) Mitmachkunst. Ohne die Leute wären sie zwar immer noch ästhetisch, aber leblos – so wie ein Bienenstock ohne Bewohner. Die Leute zu beobachten, machte die Stunden, die ich auf den Floating Piers verbracht habe, kurzweilig. Sogar der Künstler selbst betrachtete das Treiben mit Journalisten von einem auf- und abfahrenden Boot aus.

Das Erleben dieses Kunstwerks fand ich (2) immersiv: Das Körpergefühl, auf schwimmendem Boden über Wasser zu laufen; das bei jedem Schritt zu spürende federnde Nachgeben der Plattform unter den nackten Füssen. Die durchdringende Wirkung der Farben. Das kam mir vor wie Vorboten dessen, was man mit den kommenden VR-Brillen den Leuten als Erlebnis ermöglichen will: nicht Anschauen und Lesen von Kunst, sondern Eintauchen in künstliche Welten.

Es kostete keinen Eintritt. Selbst die Schifffahrten hatten die Preise wie immer. Obwohl es einen Nachfrageüberhang gab, war das Erlebnis für jeden zu gleichen Bedingungen und frei zugänglich. Das ist ja typischerweise auch bei Web-Diensten so, genannt (3) Freemium-Prinzip: Es gibt auch ohne Eintrittsticket schon mal das User-Erlebnis und viel Nutzen. Erlöse werden dann bei Zusatzleistungen fällig.

Und zuletzt zolle ich den Ortsansässigen grossen Respekt und bin ihnen dankbar, dass sie den Mut bewiesen haben, das Projekt anzupacken und in ihre Fähigkeit (4) vertraut haben, das schon zu schaffen und die Risiken im Griff zu haben. Diese italienischen Landsleute waren nicht die ersten, die gefragt wurden, aber die ersten die „Ja“ zu den Floating Piers gesagt haben. Es hätte jemand ins Wasser fallen können, Geländer gab es ja keine. Leute mit Hund waren unterwegs. Kinder jeden Alters durften mit. Menschen im Rollstuhl vertrauten darauf, dass auch sie sicher unterwegs sind.

 

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