Höhere persönliche Web-Reifungsstufe heisst nicht mehr 24×7 im Netz

Der Case Friday hat eine Woche ausgesetzt, falls Sie das bemerkt haben sollten.

Muss einem dann das schlechte Gewissen packen? Ist es doch auch am Ferienort möglich, mal schnell ins Internet zu gehen und – warum nicht auch – einen Blogpost zu schreiben.

Kein Geringerer als der Erfinder des Wortes „Weblog“, Jorn Barger, liefert die Entlastung von einem potenziell schlechten Gewissen. In der Sonntagszeitung vom 27. Januar 2008, S. 104 (als Papierbündel im Hotel aufgelesen und gelesen – nicht im Newsreader) stand der Artikel „Auf der anderen Seite der 2.0-Millionäre – Der Erfinder des Weblog“ mit diesem Foto abgedruckt (es könnte auch gestellt sein, heisst es übrigens).

  • Erstens sagt er in dem Artikel von sich, dass er früher ununterbrochen im Internet war, heute nicht mehr – da gibt es auch Offline-Zeiten in seinem Leben. Barger war zwar nicht der erste Blogger, aber er ist ein Internet-Pionier. Ich schliesse daraus, mit zunehmender Web-Reife muss man nicht zwangsweise immer mehr Online-Zeit verbuchen, im Gegenteil Online-Auszeiten stehen selbst Pionieren gut an.
  • Und zweitens fand ich beim Nachrecherchieren die Site das netzbuch, in der es im „Item 2300“ heisst: „Barger erfand im Jahre 1994 auch das, unter veränderten Vorzeichen (Weblog statt Usenet), noch heute gültige Inverse Law of Usenet Bandwidth: »The more interesting your life becomes, the less you post… and vice versa.«“

Und ich hatte ein besonders interessantes Leben diese Woche: Winter-Schulferien in der Schweiz, Schneesport in Lenzerheide, Langlaufen (Classic Ski) gelernt, Romantikhotel ohne omnipräsentes W-LAN, u.v.a.m.
Und dafür begehe ich jetzt noch den Frevel, diesen Beitrag rückzudatieren, auf einen Case Friday Termin.

Das i-Tüpfelchen eines Prof(essor)s – Profi

Was Profis von Stümpern unterscheidet„, das erklärt uns Maria Pruckner in ihrer Edition Funtionieren. Die Antwort steckt im Untertitel „Die besten Informations- und Relevanzfilter“. Auf S. 5 kommt sie zu dem sicheren Unterscheidungsmerkmal, ihrem Umgang mit Information. „Profis haben kein Problem damit, aus komplexen Umständen die für eine Aufgabe oder Problemlösung relevanten Informationen zu filtern. Ihre wichtigsten Informations-, Relevanz- und Erkenntnisfilter sind Theorien, Konzepte und Modelle, die auf die Realität ihrer Sache und Umstände zutreffen.“ Das mag in den Ohren von „Praktikern“ nach grauer akademischer Theorie klingen, aber für einen Professor, einen Wissenschaftler, ist das Wasser auf seine Mühlen gegossen. Und es heisst weiter „Der Profi steuert Erkenntnisprozesse immer mit dem Ziel des Funktionierens und der Effektivität, egal, ob das, was er denkt, bei anderen kurzfristig ankommt oder nicht; Hauptsache, es kommt am Ende gut heraus“. Mir ist jetztklar, warum Profi und Prof. nicht nur hinsichtlich der Schreibweise so nahe beieinander liegen. Wissen-Schaffende sprechen übrigens kurz von Relevance and Rigor, wenn sie sich dem Anspruch, Profis zu sein, stellen. Gegen Ende des Beitrags von der Kybernetikerin Pruckner lesen wir noch: „Am besten macht man sie daran aus, dass Profis oft und viele Fragen stellen, während Stümper hingegen selten und wenig fragen.
Heureka! Damit ist der Tag „Fragen“ geboren, insbesondere Forschungsfragen. Noch liegen die Tags für die Standardsuchfunktion von WordPress im Verborgenen, die technische Verfeinerung meines noch blutjungen Blogs wird jedoch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ein Kollege von mir, Prof. Dr. Christian Wagner, hat den Erfolg von Blogs untersucht und herausgefunden, dass technische Merkmale dafür sehr bedeutsam sind (vgl. Du/Wagner: Weblog Sucess …). Näheres dazu in einem Beitrag hier zu gegebener Zeit.

Tag? Ach, was soll das Andrea – warum so vorsichtig versteckt. Ich mache doch gleich eine Kategorie „Fragen“ daraus, denn Posts sind hier zwar noch wenige zu finden, Fragen darunter aber doch bereits einige.

PS: Und zu den Stümpern heisst es übrigens: „Ihr Denken und Handeln wird weniger von verinnerlichten Kenntnissen geleitet, als von tatsächlichen oder angenommenen Erwartungen, mit denen man aktuell an sie herantritt„.

What’s Your Personal Web x.x – Number? – Web Trend Map 2007

Ich wüsste ja gerne wo ich stehe, im Mitmach-Web. Wie es mit meiner wEbLiteracy steht. Ich hätte gerne eine „Nummer“ dafür, auf welchem Kompetenzniveau meine Arbeitspraxis mit dem Web einzustufen ist: Web 1.7 vielleicht? Und wo soll es hingehen, in den nächsten 100 Tagen – Ziel Web 2.5?

Nicht wie man das für eine Person berechnet, aber wie man für eine Website ermittelt, welche Generation der Webentwicklung sie repräsentiert, darauf haben iA eine Antwort. Auf ihrer Web Trend Map 2007/V2 ist diese „Zahl“ für die 200 erfolgreichsten Websites nachzulesen, und noch dazu mit einer Prognose, ob diese Site bzw. dieses Unternehmen auf der „Karriereleiter“ unterwegs nach oben ist oder der Absturz droht. In Kürze wird übrigens die Web Trend Map V3 – dreidimensional – publiziert.

Mein erster Gedanke beim Anblick dieser Karte war „Edward Tufte„, ein Meister des visuellen Designs, der schon eine Ikone war, als man bei Büroarbeit nur an Papier dachte. Und siehe da, er ist sogar auf dieser Trend-Map gewürdigt – auf Position 8 Uhr 40, ganz aussen (von mir vermisst in dieser illustren Gesellschaft, die halt wie so oft vom englischen Sprachraum geprägt ist, wird ein Bürohund aus Deutschland: Bella).

Es gibt also auch andere Übersichten als das Tabellen-Format. Pate für die Darstellung ist die Karte des U-Bahn-Netzes von Tokyo; Ortskundigen vermittelt sie auch hintersinnige implizite Botschaften. Mein zweiter Gedanke war dann, mir die Trend Map wie eine Weltkarte ins Büro zu hängen und mit Stecknadeln zu markieren wo ich schon überall aktiv dabei bin – siehe Foto mit 5 Pins; leider haben die gerade greifbaren Stecknadeln nicht für alles gereicht :-). Das ist nun die erste Annäherung an den Drang, meine persönliche Entwicklungsstufe in Sachen Web x.x Kompetenz zu numerieren. Die drei Ampelfarben stehen für folgende Kompetenzstufen (Selbsteinschätzung): Rot = hoher Blutdruck wegen dringender Aufholnotwendigkeit; Gelb = Sonnige Aussichten, da schon gestartet; Grün = Blühende Landschaft, denn bereits dynamisch unterwegs.

Foto mit Ausschnitt aus der Web Trend Map 2007/V2 von Information Architects Japan - mit persönlichen PinsUnd nachdem die Stecknadeln in den passenden Farben ausgegangen sind, ging es auch nicht vorwärts mit einer Methode, die Persönliche Web x.x – Nummer zu berechnen. Wieviele Stecknadeln sollte man den mindestens plazieren können, damit man überhaupt sagen kann, man sei dabei, beim „Mitmach-Web“? Alles Fragen, die nach Mithilfe via Kommentaren rufen. Die Web Trend Map von iA hat von Korrekturen und Anregungen der Web-Gemeinde sehr profitiert. Ob hier bald auch Ideen für wissenschaftlich und/oder wenigstens künstlerisch befriedigende Berechnungsmethoden zu lesen sein werden? Es kommt bestimmt ein Update oder Fortsetzungs-Post. In den nächsten Tagen schreibe ich an einem Beitrag über „Persönliches Wissensmanagement in der Web 2.0 Kultur„, in dem es auch einen Abschnitt zum Thema „Kompetenz“ geben wird. Aber fangen Sie ruhig schon einmal an, ihre Nummer auszutüfteln und verraten Sie uns, wie Sie das „rechnen“. Wir sind gespannt auf die Variantenvielfalt der Algorithmen.

Forschungsfragen zum Bloggen: „Schlechte Zeiten, gute Posts“?

Auf welche Fragen hätte man in der Unternehmenspraxis gerne eine Antwort, bevor man mit Social-Software-Anwendungen neue Wege einschlägt? Dies ist eine Frage nach praxisrelevanten Forschungsfragen und sie ist selbst eine solche. In der Wissenschaft wird bei der Begutachtung von Forschungsprojekten die „Originalität der Forschungsfrage“ gewürdigt. Nur wie lässt man sich inspirieren? Vielleicht von einem Museumsbesuch im Zürcher Strauhof. Dort gibt es bis 2. März eine Ausstellung „Tagebücher – Das gespiegelte Ich“.

Pressebild zur Ausstellung “Tagebücher - Das gespiegelte Ich”, Museum Strauhof, ZürichEine der dort aufgeworfenen Fragen lautet „Warum führen so viele Schriftsteller in schlechten Zeiten ein Journal, während sie in guten Tagen darauf pfeifen?“ Da kommt mir angeregt vom Titel des heutigen FAZ-Artikels „Schlechte Zeiten, gute Seiten“ der Gedanke in den Sinn, ob das wohl auch für die moderne Form der persönlichen Journale gilt: Posten Blogger mehr und bessere Beiträge, wenn sie oder ihre Unternehmen schlechte oder gute Zeiten haben? „Schlecht gelaunte Kunden, viele Posts im Produkteblog“? Mit welcher Untersuchungsmethode käme man darüber zu Erkenntnissen? Und was könnte man daraus für die Anwendung in Unternehmen schliessen? Klingt originell, aber interessiert das jemanden? Helfen Sie doch mit bei der Zusammenstellung von relevanten Forschungsfragen, es dürfen auch originelle darunter sein.