Enterprise 2.0 im Klartext: Einsatzfelder der Anwendungen (Teil 2 von 11)

In unserem Ordnungsrahmen ist die anwendungsfallbezogene Perspektive besonders wichtig. Praktiker, Studierende und Forschende interessiert an den Fallbeispielen, welche fachlichen Ziele mit dem Einsatz von Social Software erreicht werden können. Die Anwendungsfälle (engl. use case; Synonyme: Blaupausen, Anwendungsszenarien, Anwendungsfelder) differenzieren wir nach Abteilung bzw. Geschäftsprozess, wo eine E20-Anwendung eingesetzt wird, und darüber hinaus nach Einsatzebene und Einsatzfeld (vgl. Abb.). Zum Beispiel kann die Einsatzebene von „Ideen- und Innovationsmanagement“ (ein Einsatzfeld) intern sein, oder Ideen- und Innovationsmanagement mit Social Software wird auch jenseits der Unternehmensgrenzen eingesetzt (webbased Open Innovation), d.h. in der Beziehung zu Partnern, Kunden oder sogar darüber hinaus.

Anwendungsfall-Perspektiven für Enterprise 2.0 Fallstudien

Hier stellen wir zunächst die Einsatzfelder vor, die wir nach Sichtung von in der Literatur beschriebenen Fallsammlungen und -kategoriesierungen (u.a. Andriole 2010, Komus 2006, Koch/Richter 2009, Osimo u.a. 2010, Niemeier 2011, Negelmann 2009, Social Software Matrix) für e20cases definiert haben. Ein Einsatzfeld beschreibt die betriebliche Aufgabenstellung. Eine eineindeutige Zuordnung einer Anwendung zu einem Einsatzfeld ist nicht möglich, da oft mehrere fachliche Ziele abgedeckt werden, deshalb ist auch eine Mehrfachzuordnung möglich. Wir achten bei der Einordnung einer Fallstudie jedoch darauf, für welche betriebliche Aufgabenstellung die Social Software Anwendung hauptsächlich eingesetzt wird.

Beschreibung der Kategorie Einsatzfeld von Anwendungsfällen

Auch andere Forschungsteams und Marktanalysten arbeiten weiter an der Klassifikation von Einsatzfeldern. Es werden sich deshalb weiterhin verschiedenste Darstellungen finden. Niemeier (Centerstage) z.B. spricht von 10 Einsatzfeldern (vgl. die Abb. in diesem Artikel), die eine Zusammenfassung von 50 Blaupausen bzw. Anwendungsszenarien darstellen, die in rund 200 Fallbeispielen gefunden wurden. Weitere Hinweise auf aktuelle Studien und wissenschaftliche Artikel, die den Fokus „betriebliche Aufgabenstellungen“ haben, sind als Kommentare sehr willkommen.

Enterprise 2.0 im Klartext: Ordnungsrahmen für Fallstudien (Teil 1 von 11)

Anschaulich wird Enterprise 2.0, wenn über konkrete Anwendungen in Organisationen gesprochen wird. Nur fallen so viele verschiedene Anwendungsfälle unter diesen Begriff (z.B. Zusammenarbeit, Ideenmanagement und externe Kommunikation) und auch mehrere unterschiedliche Technologien (u.a. die Anwendungsklassen Wikis, Weblogs und Social Networking), dass man leicht aneinander vorbeiredet. Hinzu kommt, dass die Marktstudien und Bücher zu Enterprise 2.0, Web 2.0 in der Unternehmenspraxis oder Social Media in Business jeweils ihre eigenen Begrifflichkeiten und Strukturierungen des Themenfelds haben, was das Verständnis und die Verständigung über Enterprise 2.0 nicht leichter macht.

In einer Reihe von insgesamt elf Beiträgen werde ich deshalb den Ordnungsrahmen für Enterprise-2.0-Fallstudien vorstellen, den Peter Irmler unter meiner Betreuung ausgearbeitet hat. Informationen und laufende Rückmeldungen kamen engagiert aus meinem Forschungsteam und dem Kreis der Organisatoren des Fallstudiennetzwerkes e20cases.org. Das Ergebnis kann man an der neu gestalteten Website (BETA) in der „Übersicht Fallstudien“ sehen. Hier ein Ausschnitt als Screenshot:

Übersicht zu e20cases-Fallstudien (Ausschnitt, Nov. 11)

Die weiteren zehn Blogposts erläutern die Kategorien, die wir für die Beschreibung der Fallstudien identifiziert haben und für die Verschlagwortung der Fallstudien auf www.e20cases.org verwenden (siehe Abbildung). Die Auswahl dieser Kategorien und ihrer Ausprägungen basiert auf einer fundierten Literaturanalyse (Bücher, Marktstudien, wissenschaftliche Artikel, u.a.) und einer Online-Umfrage, worauf Nutzer besonderen Wert legen, wenn sie Fallstudien gezielt suchen.

Smarter Work mit Social Media Skills

Grafikloge WissensWertDas Schweizer Human Resource Portal HR Today bat mich, zu Workplace Learning einen Überblicksartikel zu schreiben. Das Thema ist auch Gegenstand der 16. Ausgabe des WissensWert Blog Carnival, in dem die Frage „Wie wird Workplace Learning bei Ihnen umgesetzt?“ von über zehn Fachleuten beantwortet wird.
Mein Text für HR Today hat den  Titel „Stille Revolution im Workplace Learning – durch Social Media„. Dafür haben Vordenker wie Jane Hart und Jay Cross die kurze Bezeichnung „Smarter Work“ geprägt.

Abstract: Im Zeitalter von Youtube, Facebook und Twitter entwickelt Workplace Learning ein anderes Gesicht. Neue Formen informellen Lernens mit Social Media halten Einzug in die Arbeitswelt. Diese Innovation ist ein zweischneidiges Schwert. Die Nebenwirkungen Arbeitsverdichtung, Information Overload und laufende Unterbrechung sind nicht lernförderlich und eine Herausforderung für jeden Einzelnen und die Betriebe. Jedoch sind die heutigen Web-Tools und Apps einfach gut und beliebt. Ihr Siegeszug ist unaufhaltbar, denn die neuartige Symbiose von Lernen und Arbeiten birgt das Versprechen von effektiverem und effizienterem Lernen.

Wie reden die da?
Die Praxis des Lernens in der Arbeit gibt es schon lange und kennt zahlreich Formen. Folglich herrscht Begriffsvielfalt. Die abgebildete Wortwolke zeigt die verbreiteten Buzzwords und wie Verschiedenes man darunter verstehen kann. Kaum haben die Unternehmen den Wandel zu Blended Learning verinnerlicht, beginnt die Ära des Workplace Learning 2.0. Bei den neueren Ausprägungen des arbeitsintegrierten Lernens kommen gewichtige formelle Weiterbildungen wie berufsbegleitendes Online-Fernstudium ebenso wenig vor wie langwierige webbasierte Trainings, in die man von Learning Management Systems hineingezwungen wird. Prägend für 2.0-ige Lernkultur ist die Arbeiten mit Social-Media-Tools, insbesondere in kollaborativen Lernsettings: Es wird informell gelernt, man ist weniger von vorgegebenen Lern- und Arbeitsorten abhängig, und es findet eine Loslösung von der Versorgungsmacht durch Corporate Training Services statt. Raske, der in einer Bank für E-Learning verantwortlich ist, drückt das in seinem Beitrag zu WissensWert deutlich aus . Diese sind gefordert, sich zu Beratern und Coaching für „Smarter Work“ zu entwickeln (Social Learning Handbook).

Workplace Learning ist Alltag
Haben Sie heute im Arbeitsprozess durch E-Medien gelernt? Wenn ich meine Arbeitstage Revue passieren lasse, dann sage ich klar: ja, praktisch täglich! Nehmen wir die Entstehung dieses Artikels als Beispiel.
Texte, die ich dafür gelesen habe, sind alle online verfügbar und das fast ausnahmslos kostenlos. Gefunden habe ich die Beiträge über meine Fachcommunity im Netz, die via Twitter Linkempfehlungen macht und ihr Wissen in Blogposts und Websites veröffentlicht; zusammengestellt und öffentlich einsehbar sind die Links in meinen Social-Bookmarking-Dienst Diigo. Beim verarbeitenden Lesen werden die Contents meiner Fachkontakte zu Netzknoten. Ich klicke ausgewählte Links und wandere noch hierhin und dorthin ab, lese und lerne dazu. Da ich am Schreibtisch immer online bin, arbeite ich zwischendurch den Maileingang ab; das Mailprogramm lasse ich offen, denn während der Bearbeitung erteile ich damit Aufträge für Zuarbeiten an dem Artikel. Und sogar für eine Schwatzpause in Skype war ausnahmsweise Zeit. Meistens erwähnt man, was man gerade tut und bekommt dafür oft noch einen Wissenstipp. Wie Harold Jarche formulierte ist dann Arbeit Lernen und Lernen Arbeit; man lernt, wenn man es für eine Aufgabe gerade braucht, on-demand und just-in-time, wobei das neu Gelernte gleich angewendet wird. Oft geschieht mit der Bearbeitung in einem Zug die Arbeitsvorbereitung für andere und spätere Aufgaben, da ich mir geeignete Arbeitsmaterialien durch entsprechenden Tags mit wenigen Klicks vormerke. Schliesslich ist im Arbeitsprozess noch Platz fürs Lehren, denn nicht nur sind meine Bookmarks öffentlich einsehbar, sondern wenn ich eine besonders gute Quelle finde, nehme ich mir auch Zeit, diesen Link zu twittern. Diese Symbiose von Lernen und Arbeiten – und Lehren – beobachte ich auch, wenn ich mir neue Tools oder Softwarefunktionen durch Video-Tutorials erklären lasse; das kommt häufig vor. Wer eine Frage oder ein Problem hat, benutzt eine Suchmaschine und findet die Antwort – seien es Websites, PDF-Texte, Video-Clops, Bücher, wissenschaftliche Artikel, Präsentationen – sozusagen als „Knowledge-Snack“. Wenn ich Microcontent lese, verstehe und verarbeite, nennt man das Microlearning, denn so eine Einheit beansprucht selten länger als wenige Minuten. Die höhere Kunst des „Ich-hätte-da-mal-eine-Frage-Lernens“ ist, seine Fragen in die Twitter-Community zu geben oder neuerdings das auf Fachfragen spezialisierte Quora zu benutzen. Die Erfahrung zeigt, man bekommt Antworten schnell und meist auch aufschlussreiche.
Wie man sieht ist die Vision von Informationen und Lernen „at your fingertips“ wahr geworden. Natürlich gibt es weiter Seminare und Konferenzbesuche, aber Workplace Learning 2.0 wird Alltag und bleibt keine Nischenerscheinung.

Können Mitarbeitende das und hält man das durch?
Das beschriebene Multitasking beim Workplace Learning in Gestalt von Social Learning bzw. Smart Work finde ich hochproduktiv. Es sieht fragmentiert aus, fühlt sich aber an wie kunstfertig mehrere Bälle zu jonglieren; das erfordert hohe Konzentration. Um dahin zu kommen, muss man Kenntnisse über das Zusammenspiel und den Umgang mit den Tools erwerben und natürlich üben (vgl. unser Quick Assessment zu Ihren Social Media Kenntnissen). Multitasking ist m.E. nicht zu verteufeln; es gibt gutes und schlechtes, so wie Eustress und Distress. Ist man in der Arbeit laufend verbunden, ist man auch immer erreichbar und läuft Gefahr, dauernd unterbrochen zu werden. Die mobilen Websites und App-Dienste für die Touchscreen Smartphones, schrumpfen den PC ins Handy, so dass der Arbeitsort überall dabei ist. Dann springt man zwischen verschiedenen Arbeitsprozessen hin- und her wie ein rastloser Tiger, hat ständige geistige Rüstzeiten und ist negativ gestresst. Das ist nicht lernförderlich. Unproduktives Multitasking und sich im Cyberspace zu verlaufen sind Verhaltensweisen, die süchtig machen können; es braucht eine höhere Selbstkompetenz als früher, sich dem zu verweigern: Unternehmen müssen durch Verhaltensnormen und organisatorische Rahmenbedingungen dafür Sorge tragen, dass das Produktivitätspotential von vernetztem Arbeiten nicht durch erschöpfenden Arbeitsverdichtung und ungute Arbeitspraktiken verschwendet wird. (Dean/Webb: Recovering from information Overload, McKinsey Quarterly Jan. 2011).

Anwendungen aus der Unternehmenspraxis – ein Herantasten
Wo die führenden Unternehmen heute stehen und wie sie sich herantasten zeigen Keynotes von Vordenkern aus Wissenschaft und Praxis sowie insbesondere die zahlreichen Praxisbeiträge mit Branchenbeispielen und Live-Demos an den beiden Tagen der Swiss E-Learning Konferenz (SeLC 2011).

Die Zukunft hat gerade erst begonnen
Workplace Learning mit der Vision von Smarter Work hat noch gar nicht richtig angefangen. Heutzutage lernt man gerne auch mit Büchern und Zeitschriften, da man ohnehin schon viel Zeit am Bildschirm und im Sitzen verbringt. Mobiles Lernen, Touchscreen-Tische, Brillen für Augmented Reality, Sprachinteraktion und Gestiksteuerung mit vollem Körpereinsatz, wie man sie von jüngeren Spielkonsolen her kennt, zeigen wohin die Reise geht.

PS: Machen Sie am 4. April persönlich einen Schritt hin zu Workplace Learning und Arbeitspraxis im Zeitalter von Sharepoint, Xing und Twitter.  Mehr zu unseren Workshops hier: www.selc.ch/pre-conference . Interessierte melden sich bei learningcenter@unisg.ch.

Know their Digital Footprint: Structured Search for People and Products

As a key account manager, wouldn’t you want to find out about your contact before your first visit? Or say you were a student who wants to call a sponsor to raise funds – wouldn’t it be nice to have more than the weather as a topic for your small talk? And if you are invited as a speaker or consultant for a product management related issue, why not impress your contacts with knowledge of what is said in social media conversations about the brand?

A student team addressed this challenge and devised a structured search approach with a special focus on social media. For those who have good reasons to invest more than 15 minutes in preparation of a customer contact, we recommend to have a look at the tutorial.

Presentation on Slideshare: Information Broker 2.0 – Recherche im sozialen Web

For detailed insights, see our project report („Leitfaden zur strukturierten Suche in sozialen Medien“ – 28 p., on Scribd and Calameo) for the structured search approach (Core Information Search – Specific Information Search – Visualization of Results) and a commented overview of more than 50 (mostly  free) social media search tools (as of Nov. 2010). The video and report have been produced by a team of students Albrecht/Grubisic/Ickelsheimer/Stadelmann in our overarching project „Information Broker 2.0„, supervised by my teaching assistant Sammer and me.