Editorial zum WissensWert Blog Carnival Nr. 3

Grafikloge WissensWertZur gemeinsam mit Dr. Mathias Rohs organisierten Blog Carnival Ausgabe „Kulturschock Unternehmenspraxis? Was passiert, wenn die Net Generation auf die Arbeitswelt trifft?“ ist das Editorial hier – wieder mit Word Cloud als visueller Zusammenfassung – veröffentlicht. Die Fragen haben eine rege Diskussion ausgelöst, streckenweise lesen sich die Beiträge als hätten wir Organisatoren dieser Ausgabe in ein Bienennest gestochen.
Die WissensWert-Site ist die Heimat der verschiedenen Carnival-Ausgaben, die jeweils mit einem Aufruf mit näheren Erläuerungen zum Thema starten.

WissensWert Blog Carnival Nr. 3: Kulturschock Unternehmensarbeitspraxis?

Grafikloge WissensWertEin idealer Gesprächspartner für die Frage, ob der Eintritt in die Unternehmesarbeitspraxis für die Studienabgänger der Digital Natives Generation einen Kulturschock bedeutet, schien mir Peter Hogenkamp. Er hat zum einen vor über zehn Jahren mit mir an der Universität den Kurs „Einführung in PC-Tools“ unterrichtet, und zum anderen hat er als CEO eines Web-Start-ups laufend mit jungen und wechselnden Mitarbeiter/inn/en zu tun.

Auf meine Frage, ob die Leute schon alles können, was er von ihnen erwartet, sagt er:

  • Die Vorbildung der Praktikanten in Web-Tools ist generell sehr unterschiedlich.
  • Durch Facebook und StudiVZ passiert momentan viel; man kann aber trotzdem nicht davon ausgehen, dass alle das schon intensiv nutzen.
  • Sein Unternehmen stösst die Leute „ins Wasser“, ohne Einführung in die Arbeitswerkzeuge. Sie sollen sich das von den anderen abgucken.
  • Auf die Lage bei anderen Unternehmen angesprochen meint er: In den meisten kommen die Studienabgänger wohl hin und sagen: Was ist den hier los? Ihr nutzt ja gar nicht …
  • Viele Entwicklungen werden heute von unten in die Firmen hineingetragen und nicht vom Management vorgegeben. Er kann sich an einen vielsagenden Artikel erinnern mit dem Titel „Ist der CIO noch Herr des Hauses?“.

Editorial zum WissensWert Blog Carnival Nr. 1

Grafikloge WissensWertAus forscherischem Interesse und nicht zuletzt um die allesamt fundierten Beiträge , 15 an der Zahl, entsprechend zu würdigen, habe ich mich mit den Posts eingehend beschäftigt, viele Kommentare dazu geschrieben und möche hier meine Gedanken dazu festhalten. Die Carnival-Frage, und eine Erläuterung dazu, lauteten „Ist Wissensarbeit 2.0 traumhaft oder traumatisch?“ Die WissensWert-Site ist die Heimat der verschiedenen Carnival-Ausgaben; dort sind sowohl die Beiträge verlinkt als auch eine visuelle Zusammenfassung  zu den 15 Posts – eine Wordle Tag Cloud – zu finden.

Über die Vorzüge und Probleme von 2.0-Arbeitstools und -Arbeitspraktiken besteht so grosse Einigkeit, dass ich keine Wiederholung davon gebe möchte, sondern mich darauf beschränke, die Aussagen aufzugreifen, über die ich weiter sinniere.

Für den Überhang an Vorzügen spricht implizit, dass es unter den Antwortenden keine Aussteiger aus dieser Welt gibt, obwohl fast alle davon sprechen, dass es einiges an Selbstdisziplin braucht, sich nicht im Explorations-Modus zu verlieren, sondern seine Arbeitsergebnisse abzuliefern, und obwohl es für viele ein skeptischer Einstieg war, der auch manchmal mehr als einen Anlauf brauchte. Anscheinend bleibt man einfach dabei, weil sich in der Lernphase das persönliche Toolportfolio von selbst herausbildet: Man behält einfach, was zum eigenen Arbeitsstil und den persönlichen Zielen passt, und das zu beweisen gibt man den Tools nicht viel Zeit. Ausnahmen gibt es da auch, wenn man einfach wegen der anderen – oder dem Alpha-Ego – Mitmachen muss.

Melchers Formulierung „… puts information in contexts to people“ finde ich gelungen, und viele andere Beiträge betonen dies auch: Ihr Kontaktnetzwerk sei viel grösser und global geworden; ausserdem übernehme ihr soziales Netzwerk eine wichtige Informationsfilter und -aggregierungsfunktion; das finde ich ist ein Aspekt, der von 2.0-Abstinenten typischerweise nicht unmittelbar erkannt wird.

Die Nutzungskompetenz im Umgang mit den Werkzeugen ist ein wesentlicher Faktor, ob man das Nutzenpotential für sich zur Wirkung bringt. Und Nutzen entsteht ohnehin nur im Prozess und auf der Ebene der persönlichen Wissensverarbeitung, die sich nicht in gleichen Grössenordnungen beschleunigen lässt, wie die Informationsaufnahme und -verbreitung, lesen wir in den Beiträgen. Man kann Werkzeuge richtig aber auch falsch nutzen, und auch die Fähigkeit, die Güte von Informationen aus dem Web einschätzen zu können, muss entwickelt werden, und diese Beurteilung kostet jedesmal Zeit. Dass es einen Lernprozess braucht, scheint allen klar, aber wenn wir schauen, was Unternehmen heute tatsächlich fördern, wofür sich Mitarbeiter Zeit nehmen, dann sagt uns die Realität, dass die Rahmenbedingungen für Kompetenzentwicklung denkbar schlecht sind. Und dabei stehen wir doch erst ganz am Anfang der Entwicklung, wo wir noch auf allen Ebenen viel zu lernen haben.

Lindner bemerkt, dass für die Webaffinen zusätzlich zur Lernarbeit hinzukommt, dass sie jetzt ja zwei Arbeitsstile gleichzeitig betreiben müssen, und dass der Information Overload im Kopf auch daher kommt, dass die Strukturen, in die wir eingebettet sind, noch nicht den neuen Arbeitstechniken entsprechen, die ja viel schneller praktiziert werden als sich Organisationsstrukturen ändern. Andere Carnival-Beiträge fügen dem noch hinzu, dass nicht nur die Techniklandschaft, sonder auch das soziale Umfeld sehr heterogen sind, und für 2.0-Wissensarbeit braucht man ja Mitmacher. Diese Diversität, diese Rahmenbedingungen erzeugen Stress.

Was den Lernprozess angeht, ist in keinem Beitrag zu lesen, dass jemand einen Kurs besucht hätte. Man lernt informell, fragt andere, wurstelt sich durch beim Ausprobieren. Ob Anleitung zur systematischen Exploration als Bildungsangebot auf dem Markt eine Chance hätte?

Also ich will weiter im partizipativen Web dabei bleiben und noch mehr Lernkurven nehmen. Die Lektüre der Beiträge war auch eine; sie brachte ein Fundstück zu einem Thema zu Tage, auf das ich sensibilisiert bin (ja, dass ich mir dafür Zeit nahm, läuft unter mangelnde Disziplin und Lost-in-Cyberspace): Teemu Arenas Gedanken aufzugreifen, wie die traditionellen Konferenzen und Veranstaltungen attraktiver werden, war den Ausflug wohl wert: Merken Sie sich Events++.

WissensWert Blog Carnival Nr. 1: Wie Blogwerker arbeiten

Grafiklogo WissensWertDie Frage der Ausgabe 1: „Ist Wissensarbeit 2.0 traumhaft oder traumatisch?“ passte wunderbar in das Interview mit Dr. Peter Hogenkamp, Gründer und CEO des Schweizer Online-Verlags Blogwerk AG über deren Arbeitspraxis 2.0. Flugs hatte er die Frage via Skype-Gruppenchat an zwei weitere Blogwerker weitergeleitet. Intererssanterweise übersetzte er meine Frage in „Wie findet ihr die Kommunikation bei uns?“. Die beiden Mitarbeiter antworteten realtime, und so sind in diesem sieben minütigen Gesprächsausschnitt gleich Aussagen von vier Personen versammelt, die Hogenkamp kommentiert und teils kontrovers diskutiert.

Hier stichpunktartig die Kernaussagen zur Eingangsfrage, was als traumhaft und was als traumatisch empfunden wird:

  • Peter Sennhauser: „Traumhaft ist, dass man immer und überall – und mitten aus Interviews – Fragen ans Team stellen kann.“
    „Traumatisch ist, dass man jederzeit Auskunft geben muss.“ … „… dass die Kanäle nicht irgendwelchen Dringlichkeits- oder sonstigen Kriterien zugeordnet werden können.“ (zu Letzterem vertritt Hogenkamp eine Gegenposition)
  • Lea Barmettler: „Traumatisch ist auch, dasss es so viele Kanäle sind.“ (da weiss Hogenkamp ein Mittel: RSS-Feeds)
  • Peter Hogenkamp: „Traumhaft ist insgesamt, dass wir hier eine Firma mit 50 Leuten … steuern können mit einem fast Null-Budget. Eigentlich ist fast alles was wir nutzen „Software as a Service“, und das meiste ist gratis. … Die Total Cost of Ownership von unserem Blogwerk-Arbeitsplatz ist winzig … 100 Franken im Jahr, also nichts.“
  • Andrea Back: „Als ich mit einem Newsreader angefangen habe, war ich anfangs wirklich gestresst. … Ich habe sowohl beim Newsreader als auch beim Bloggen gemerkt, dass es nur eine Phase war, und dass man sehr schnell zu Gelassenheit findet.“

Im letzten Teil (ab ca. Minute 5) geht es um die verbreitete Klagerei über die Informationsüberforderung (Information Overload). Auch eine Behauptung von Zukunftsforscher Matthias Horx, dass die Leute wieder aus dem Internet aussteigen würden, reizt zur Stellungnahme. Hogenkamp scheut sich nicht, Klartext zu reden. An einer Stelle fühlt er sich von Aussagen dieser Art so „provoziert“, dass er sich ein „alles völliger Quatsch“ nicht verkneifen kann.